7. Dezember 2006

Pressemitteilung 

Jäger in der Richterrobe macht kurzen Prozess mit Jagdgegnern

Vor dem Verwaltungsgericht Würzburg wurde heute in dem ersten Grundsatzprozess um den Jagdzwang in Deutschland entschieden, dass sich Revierinhaber, die die Jagd ablehnen, nicht auf ihre Gewissensentscheidung berufen können sollen, wenn sie das Eigentum ihrer Grundstücksflächen in Form einer GmbH halten und nicht als natürliche Personen. 

Das Verwaltungsgericht Würzburg hat damit den denkbar einfachsten Fluchtweg gewählt, um das Rechtsanliegen der Kläger nicht ernsthaft prüfen zu müssen: Die juristischen Personen, die Eigentümer der beiden Jagdreviere sind, sollen sich nicht auf das Grundrecht aus Art.4 GG berufen können, weil die Garantie der freien Religionsausübung und der freien Gewissensentscheidung des Grundgesetzes nur natürlichen Personen zukomme. Die Gesellschafter und Geschäftsführer der beiden juristischen Personen sollen sich aber ebenfalls nicht auf ihre Gewissensentscheidung berufen können, weil sie nicht antragsberechtigt sind.

Dieses Ergebnis ist völlig unhaltbar: Zunächst schon allein deshalb, weil die GmbH & Co. KG der Kläger keine juristische Person, sondern eine Personengesellschaft ist und die Kommanditisten dieser Gesellschaft drei der Kläger sind. Und selbst wenn es sich um eine juristische Person handeln würde, müsste man ihr das Grundrecht aus Art.4 zuerkennen, weil sie gegründet wurde, um die religiöse Grundhaltung der Landwirte in einer bestimmten Rechtsform umzusetzen. Von der Wahl der Rechtsform kann die Zuerkennung also nicht abhängig sein. Es gibt zahlreiche Entscheidungen, in denen das Grundrecht aus Art.4 GG juristischen Personen aus dem kirchlichen Bereich zuerkannt wurde, weil sie damit den Glauben ihrer Mitglieder umsetzen, z.B. karitative Aktivitäten.

Im vorliegenden Fall taten sich mehrere Landwirte zusammen, um im Rahmen ihrer gemeinsamen weltanschaulich-religiösen Zielsetzung ein landwirtschaftliches Anwesen und bestimmten ethischen Gesichtspunkten zu führen, zu denen vor allem die Ablehnung der Tötung von Tieren zählt. Selbst wenn dieser Zusammenschluss in Form einer juristischen Person erfolgt wäre, könnte sich diese auf die Beachtung dieser ethischen Gesichtspunkte und der daraus resultierenden Verhaltensweisen ihrer Gesellschafter berufen, denn diese sind „ihrem Wesen nach“ auch auf juristische Personen „anwendbar“ (Art.19 Abs.3 GG).

Im übrigen überrascht dieses Ausweichen des Gerichts nicht: Als der Vorsitzende vom Anwalt der Kläger zu Beginn der Verhandlung darauf hingewiesen wurde, dass es im vorliegenden Verfahren um die ethische Bewertung der Jagd gehe und dass es deshalb für die Kläger wichtig sei zu erfahren, ob einer der Richter Jäger sei, wurde die Auskunft hierüber rundweg abgelehnt. Der Klägeranwalt lehnte daraufhin den Vorsitzenden ab. Dieser Ablehnungsantrag wurde als „rechtsmissbräuchlich“ abgeschmettert, um sofort weitermachen zu können und inhaltlich über die Frage der Kläger und die verweigerte Antwort des Gerichts nicht entscheiden zu müssen.

Daraufhin teilte der Anwalt dem Gericht mit, dass er definitiv wisse, dass der Vorsitzende Jäger sei und nunmehr deshalb Besorgnisse der Befangenheit gegen ihn geltend mache. Auch über diesen Antrag entschied das Gericht nicht inhaltlich, sondern lehnte ihn ebenfalls als „rechtsmissbräuchlich“ und damit unzulässig ab.

Unter diesen Umständen handelte es sich bei dem Gerichtsverfahren nicht mehr um eine ernsthafte Veranstaltung, weshalb der Anwalt und seine Mandanten dem Gericht erklärten, dass sie daran nicht weiter teilnehmen werden, da sich das Gericht längst gegen sie entschieden habe.

So war es dann auch, als das Gericht nach etwa zwei Stunden die Klagen abwies. Wie problematisch dies war, merkten die Richter offenbar, denn sie ließen die Berufung wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Prozesses zu. Der Vorsitzende bemerkte noch, dass dieses Verfahren in letzter Instanz erst beim Europäischen Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg entschieden werde.

Dr. Sailer
 

[ Zur Homepage ]